Mauerläufer 28. Juli 2013
Unsere Touren in die Alpen werden von langer Hand geplant. So hatten
wir auch hier viel Zeit, uns psychisch auf diese Herausforderung
vorzubereiten. Kaum ein Klettersteig ist so oft in den Schlagzeilen wie
dieser, die Bergrettung hat hier viel zu tun. So wuchs unser Respekt
vor der Wand von Tag zu Tag, wie wird es uns da ergehen, schaffen wir
es, oder werden wir scheitern? Gleichzeitig wuchs aber auch die
Vorfreude diese Herausforderung anzunehmen.
Am Abend vor der Begehung hatten wir nach unserer Hüttenankunft noch
etwas Zeit und konnten schon den ersten, wenn auch nur flüchtigen Blick
auf die Wand erhaschen. Ein gewaltiges Gewitter trieb uns schnell
zurück in die Hütte. Am nächsten Morgen war das Wetter aber dann völlig
anders und wir machten uns frohen Mutes auf den Weg zu dem Steig. Noch
war es nicht so heiß, aber im Laufe des Tages sollten es über 30° C
werden. Schon aus der Entfernung ist die Felswand beeindruckend. Eine
riesige, senkrechte, fast glatte Wand. Auch wenn man näher kommt,
ändert sich dieser Eindruck kaum. Wie soll man denn da hoch? Am Fuße
der Wand angekommen, suchte Ywi sich ein sonniges Plätzchen, wo sie auf
mich warten konnte und alles gut im Blick hatte, ich hingegen zog den
Gurt und Helm an und startete das Abenteuer. Schon die ersten Meter
waren recht knackig, aber für mich noch gut zu meistern, mein
Selbstvertrauen wuchs an. Da die Route recht lang und anstrengend ist,
sah ich zu, schnell vor- oder viel mehr aufwärts zu kommen. Tatsächlich
stellte ich mir dieses Unterfangen schwieriger vor und staunte schon
etwas, wie gut es lief. Meter für Meter kletterte ich hoch, genoss die
wunderschöne Aussicht, aber noch viel mehr den schönen Fels. Alsbald
konnte man aufgrund der Höhe keine Details mehr unten am Einstieg
erkennen, auch die u
nten sitzende Ywi verlor mich ab der Hälfte der
Wand aus den Augen. Die Route selbst passt sich perfekt den natürlichen
Gegebenheiten an, sie nutzt kleine Risse und Vorsprünge, dadurch wirkt
sie nicht all zu künstlich, was bei vielen schwierigen Klettersteigen
oft der Fall ist. Und obwohl sie recht kräfteraubend war, so konnte ich
sie trotzdem jeden Meter genießen. Unterwegs legte ich eine kurze
Trinkpause ein, suchte noch einen mitten in der Wand liegenden Cache
auf und stand überglücklich nach gut 2,5 Stunden am Gipfelbuch. Dort
schloss ein einheimischer Kletterer zu mir auf und wir plauderten noch
einige Zeit über das gerade Erlebte. Der Abstieg zurück zu Ywi war nur
noch Formsache, keine vier Stunden nachdem wir uns trennten, lagen wir
uns wieder in den Armen. Logisch, dass dieses Erlebnis sich
unauslöschlich in meinem Gehirn verankerte und die Erinnerungen an
diesen Steig uns immer viel Freude bereiten werden!