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Steinbockrunde August 2017



Tag 1
Anfahrt, Zustieg Fiderepasshütte

Die Dörfer gleiten an uns vorbei. Der ICE fährt mit annähernd 300 Sachen Richtung Süden. Wir schauen schweigend aus dem Fenster und freuen uns auf die Tage, die vor uns liegen. Seit Tagen sind die Rucksäcke gepackt, sogar die Trinkblasen gefüllt. Und wir sind richtig heiß. Heute Morgen, als der Wecker um 5 Uhr in der Frühe klingelte, lagen wir schon längst wach. Seit dem sind jetzt einige Stunden vergangen, wir nähern uns Ulm, wo wir in den Regionalzug nach Oberstdorf einsteigen werden. Unsere Tischnachbarin im Zug ist eine Triathletin. Anscheinend eine bekannte, weil sie von Sponsoren- und Fernsehgeldern spricht. Auch sie fährt nach Oberstdorf, von dort geht es für sie in 7 Tagen über die Alpen nach Meran in Italien. Eine leichte Unruhe wegen der Verspätung unseres Zuges legt sich, als wir erfahren, dass der Interregio auf uns warten wird. Als wir in Oberstdorf ankommen, ist es genau 14 Uhr. 1Ein viertel Stunde Wartezeit auf den Bus, eine viertel Stunde Fahrzeit und wir steigen an der Talstation der Kanzelwandbahn aus. Knappe 50 Euro ärmer sitzen wir in einer der Gondeln der Bergbahn und steigen etwa 10 Minuten später an dessen Gipfelstation auf 1957 Metern Höhe aus. Laut den Schildern sind es von hier aus eine halbe Stunde Fußweg auf den Gipfel der Kanzelwand und 3 Stunden bis zur Fiderepasshütte. Wir haben mittlerweile halb vier. Wir lassen den Klettersteig links liegen und laufen auf den Gipfel, den wir allerdings schon nach etwas über zehn Minuten erreichen. Das war schnell. Ich kann dem Drang nicht widerstehen, ziehe meinen Klettergurt an und steige den Zwei-Länder-Klettersteig bis zum Cache, der allerdings ziemlich weit 11am Anfang liegt, ab. Danach geht es auf dem gleichen Weg wieder zurück. Als ich nach knapp einer Stunde wieder oben am Gipfel stehe, merke ich, wie sich der Muskelkater sowohl in den Armen als auch in den Beinen bemerkbar macht. Mir graut schon vor dem nächsten Tag. Es nützt nichts, wir müssen uns jetzt beeilen, damit wir um 18 Uhr an der Hütte ankommen. Wir erfreuen uns unterwegs an dem wunderschönen Bergpanorama. Das Wetter spielt mit und erlaubt eine weite Sicht. Noch vor 18 Uhr kommen wir an der Hütte an. Natürlich gönnen wir uns zuerst ein Weißbier, danach wird eingecheckt. Den Abend verbringen wir mit einer lustigen Truppe aus dem Sauerland. Wir lernen ein lustiges Spiel, Schweine versenken, und den für viel Gelächter sorgenden Rasenmäher Kasper kennen.


Tag 2
Fiderepasshütte zur Mindelheimer Hütte

Als die ersten heute auf dem Lager aufstehen und sich fertig machen21, werden wir automatisch ebenfalls wach. Heute steht für uns ein eher entspannter Tag auf dem Programm, so bleiben wir noch einige Zeit liegen. Einige andere Leute scheinen aber ganz schön aufgeregt wegen des zu erwartenden Klettersteigs zu sein. Der Blick aus dem Fenster sorgt für das erste Hochgefühl, trotz der frühen Stunde strahlt die Sonne schon enorm. Die Quittung für das lange Trödeln beim Aufstehen bekommen wir unten in der Stube in Form einer riesigen Schlange beim Frühstück. Wir haben Zeit und während die ersten schon aufbrechen, stellen wir uns am Ende an und nehmen es mit Humor. Nach unserem ausgiebigen Frühstück ist die Hütte fast leer. Wir packen unsere Rucksäcke und laufen ebenfalls los. Der Zustieg zum Mindelheimer Klettersteig ist von der Hütte recht kurz, so erreichen wir nach kaum einer halben Stunde den Einstieg. Wir ziehen unsere Klettergurte an und verweilen noch kurz an dieser Stelle. Die Ausblicke von hier unten sind jetzt schon phantastisch. Was erwartet uns erst da oben? Dann geht es los. Es ist ein einfacher Klettersteig, so wechseln wir uns ständig im Vorstieg ab, mal gehe ich vor, mal ist es Ywi. Die Kletterei macht richtig Spaß, allerdings merke ich jetzt deutlich meinen Muskelkater, das ist mein Tribut an die gestrige Aktion. Nach dem ersten, steilen Anstieg macht Ywi eine kleine Pause, während ich den höchsten Gipfel der heutigen Etappe, den nördlichen Schafalpenkopf mit 2.320 Metern Höhe, besteige. Dieser liegt etwas außerhalb des Klettersteigs, die leichte Kletterei am Gipfel ist kaum der Rede wert. Danach geht es weiter entlang der Via Ferrata. Immer wieder bleibe22n wir verblüfft stehen, die sich von hier aus bietenden Ausblicke verschlagen uns regelmäßig die Sprache und wir sehen auch den ersten Steinbock auf unserer Steinbocktour. Schon bald erreichen wir den Mittleren Schafalpenkopf. Hier machen wir eine wunderschöne Pause im strahlenden Sonnenschein. Vom Weitem aber sehen wir eine böse Wolke auf uns zusteuern. Vielleicht zieht sie an uns vorbei. Wir laufen und klettern weiter. Der letzte der Schafalpenköpfe, der Nördliche, ist der letzte Gipfel des Klettersteigs, danach geht es sanft runter zu dem Kemptner Köpfl. Tatsächlich nieselt es dabei etwas, aber nach nur 10 Minuten ist es wieder vorbei. Es ist ein lustiges Gefühl zu einem Gipfel abzusteigen, zumal dieser von der Hütte aus, die wir keine halbe Stunde später erreichen, echt sehr imposant wirkt. An der Hütte können wir gerade mal ein Bier draußen trinken, bevor uns dann ein kräftiger Schauer in die Hütte treibt. Wir beziehen erst unser Lager, bevor wir nach unten in die Stube gehen. Kaum halten wir unser nächstes Bier in der Hand, als der Regen wieder aufhört und die Sonne rauskommt. Wir eilen nach draußen, wo wir Sophie mit ihrer Mutter antreffen, mit denen wir auch einen schönen und sehr lustigen Abend verbringen. Dabei spielt das äußerst leckere Engelbräu Jubiläumsbier an dieser Hütte eine nicht unerhebliche Rolle.


Tag 3
Mindelheimer Hütte zur Rappenseehütte
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Auch heute werden wir von der Sonne geweckt. Wieder ist das Wetter perfekt. Erneut lassen wir uns richtig Zeit beim Frühstück, erst deutlich nach 9 Uhr laufen wir los. Als erstes erwartet uns ein steiler Abstieg, bei dem wir immer wieder auch unsere Hände benutzen müssen, um sicher runter zu kommen. Dabei bietet sich ein schöner Ausblick in das vor uns liegende Rappenalptal. Als wir unten am niedrigsten Punkt der gesamten Steinbockroute in 1522m Höhe ankommen und den dort fließenden Bach überqueren, sehen wir zum ersten Mal zurück zur Hütte und den  Schafalpenköpfen, die von hier aus sogar noch imposanter wirken. Tatsächlich fällt es uns schwer uns vorzustellen, wie wir gestern dort oben herum geklettert sind. Wahnsinn! Schon die ersten Meter des Aufstiegs zum Schrofenpass lassen uns jubeln. Und es wird noch besser. Es geht steil nach oben, immer wieder ist der Weg sehr ausgesetzt. Vor Jahrhunderten wurde dieser Weg in die sehr steile, teilweise senkrechte Flanke des Berges eingeschlagen. Viele32 Passagen sind mit Stahlseilen versichert. Einen dermaßen schönen Weg haben wir nicht erwartet. An einigen Stellen überwinden wir die Abgründe über einige Brücken. Als wir oben am Pass ankommen, wundern wir uns über einige Biker, die ihre Räder hier hoch getragen haben. Wir machen eine ausgiebige Pause und laufen anschließend wieder los. Der weitere Wegverlauf ist jetzt nicht mehr so spektakulär, wir passieren einige Almen mit unzähligen dort grasenden Kühen. Einen Rettungseinsatz eines Hubschraubers auf der anderen Talseite zieht plötzlich unsere Aufmerksamkeit auf sich. Er landet direkt an dem Klettersteig, den wir gestern liefen. Wir hoffen, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Eine Zeitlang laufen wir noch weiter, bevor die Sonne uns zu einer weiteren ausgedehnten Pause bewegt. Über eine Stunde genießen wir das schöne Wetter. Danach brauchen wir noch eine Stunde bis zur Hütte. Die Rappenseehütte ist die größte Hütte des DAV und kann bis zu 350 Menschen beherbergen. Trotz dieser Dimensionen verbringen wir dort einen erstaunlich gemütlichen Abend, diesmal beim Rotwein.


Tag 4
Rappenseehütte zur Kemptner Hütte 41

Nicht alle hoch gepriesenen Wege konnten in der Vergangenheit unsere Erwartungen erfüllen. Viel haben wir über den Heilbronner Weg im Vorfeld schon gehört. Ist er wirklich so gut? Voller Neugierde laufen wir heute direkt nach dem Frühstück los. Langsam wird es unheimlich, wieder sind wir bei strahlendem Sonnenschein unterwegs, unglaublich! Schon nach 50 Höhenmetern wird klar, die heutige Etappe wird uns gut gefallen. Immer wieder müssen wir kraxeln, um vorwärts zu42 kommen. Das hat schon einen Klettersteigcharakter. Direkt am Anfang mache ich auch einen Abstecher zum Hohen Licht, mit 2651 Metern, einen der höchsten Gipfel im Allgäu. Während ich mit einigen anderen den Berg erklimme, macht Ywi eine ausgedehnte Pause. Oben am Gipfel bietet sich uns eine fantastische Aussicht, hunderte Gipfel sind zu sehen. Zurück auf dem Heilbronner Weg dauert es nicht lange, bis wir das Heilbronner Thörle erreichen. Tatsächlich ist es hier schwer, sich mit dem Rucksack auf dem Rücken durchzuquetschen. Na ja, zumindest bei mir, weniger bei Ywi. Die anschließenden luftigen und und steilen Passagen sind spektakulär, wir kriegen uns gar nicht mehr ein. Es macht43 einfach nur Spaß, diesen Weg zu laufen. Wirklich Klasse. Oben auf dem schmalen Bergkamm des 2608 Meter hohen Bockkarkopfes entschließen wir uns, eine Pause einzulegen und die Umgebung zu genießen. In dieser gut einen Stunde können wir uns an diesem grandiosen Bergpanorama kaum satt sehen. Dann laufen wir aber weiter, schließlich wartet noch ein Highlight auf mich. Wir überqueren die kläglichen letzten Reste des Schwarzmilzferners, danach macht Ywi wieder eine Pause und für mich geht es auf den 2645 Meter hohen Gipfel der Mädelegabel, angeblich den schönsten Gipfel Allgäus. Für mich ist er genau so schön wie die anderen Gipfel in der Umgebung. Die leichte Kletterei ist kaum der Rede wert, ohne Probleme erreiche ich die Bergspitze. Auf dem Rückweg sammele ich Ywi ein und wir steigen jetzt in sanften Serpentinen zur Kemptner Hütte ab. Den Abend verbringen wir mit zwei netten Mädels aus Stuttgart und einer nicht weniger netten Familie aus Bielefeld.


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Tag 5
Kemptner Hütte zum Prinz-Luitpold-Haus
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Die längste Etappe der Tour lässt uns heute früh aufstehen und schnell aufbrechen. Wir wundern uns schon sehr, wie viele andere um 6 Uhr morgens mit uns frühstücken. Tatsächlich werden wir heute mindestens 9 Stunden reine Gehzeit unterwegs sein. Uns erwarten knappe 20 km Wegstrecke und über 1200 Höhenmeter. Technisch ist die Strecke nicht schwer, allerdings das ständige auf und ab ist recht anstrengend. Zumal selbst hier oben liegen die Temperaturen mittlerweile über 25° C. Grüne Wiesen wechseln sich mit felsigen Passagen ab. Wieder rauben uns die grandiosen Ausblicke den Atem. Mehrfach legen wir längere Pausen ein, wir können uns von der Schönheit dieser Berge nicht lösen. 52Besonders angetan hat uns der majestätisch wirkende „Backenzahn“, wie wir ihn spontan nach seiner Form genannt haben, der aber tatsächlich den Namen  Höfats trägt und als Wahrzeichen der Allgäuer Alpen gilt. Wir finden zu recht. Gegen 17 Uhr kommen wir an der Hütte an. Leider liegt die Terrasse im Schatten. Etwas enttäuscht setzten wir uns hin. Schon bald gesellen sich drei Männer aus Leipzig zu uns, die wir schon in den vergangenen Tagen kennen gelernt haben. Wir bestellen uns gemeinsam ein Weißbier, denken nichts Böses und genießen es einfach, als plötzlich die Sonne hinter dem nah gelegenen Gipfel hervortritt und uns noch einige wunderbare Stunden beschert. Beim Prinz-Luitpold-Haus handelt es sich um eine etwas kleinere Hütte als die bisherigen und das merkt man augenblicklich. Alles ist irgendwie familiärer, netter und gemütlicher. Die Hüttenruhe zwingt uns irgendwann, diesen wunderschönen Abend zu beenden.



Tag 6
Prinz-Luitpold-Haus zum Edmund-Probst-Haus
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Heute ist zum ersten Mal schlechteres Wetter angesagt. Allerdings erst ab dem frühen Nachmittag. Als wir nach einem guten Frühstück los laufen, scheint die Sonne prächtig. Trotzdem halten wir uns dran, machen vorerst keine Pausen und kommen auch gut vorwärts. Erst müssen wir wieder zurück zur Schönberghütte, die wir schon gestern auf dem Hinweg passiert haben. Von da aus geht es recht steil zum Laufbacher Eck. Von hier aus sehen wir zum ersten Mal das Nebelhorn, 62das Ziel unserer heutigen Etappe. Das Wetter hält sich immer noch gut, erst kurz vor dem Zeigersattel erwischt uns ein kleiner Regenschauer. Aber auch nur, um direkt wieder der Sonne zu weichen. Eigentlich sollten wir es nutzen und schnell weiter laufen. Aber wir können uns am Zeigersattel dem fantastischen Naturschauspiel nicht entziehen. Wir setzen uns hin und beobachten die aufsteigenden Wolken. Sie kämpfen sich die Häng63e empor und überqueren dann mühsam die Bergketten, nur um dahinter vom Wind verstreut zu werden. Wir beobachten es noch einige Zeit, bis uns der jetzt immer stärkere Regen zum Weiterlaufen zwingt. Als wir an der Hütte ankommen ist es gerade 13 Uhr. Mittlerweile gießt es draußen in Strömen. Wir schauen uns glücklich an, machen uns in der Stube bequem und denken, dass es Schlimmeres gibt, als hier gemütlich in der Wärme zu hocken. Den Nachmittag verbringen wir ganz entspannt mit netten Gesprächen oder aber beim Spielen. Kulinarisch entpuppt sich die Hütte als die Offenbarung schlechthin. Wir gönnen uns eine deftige Brotzeit mit selbst gebackenem Brot. Eigentlich wollten wir noch Kaiserschmarren essen, wir können aber nicht mehr, das muss bis morgen warten. 



Tag 7
Hindelanger Klettersteig

Heute ist unser letzter Tag 72des Urlaubs, morgen geht es wieder nach Hause. Wir sitzen beim Frühstück, starren aus dem Fenster und sehen … nichts. Graue Suppe und starker Regen. Toll. Zum Frühstück gibt es ein Buffet, so können wir einen Kaffee nach dem anderen trinken und auf Besserung warten. Leider wird es nicht wirklich besser. Wir beschließen, egal wie das Wetter wird, mittags los zu laufen. Ja, es wird mittags tatsächlich nicht besser. Wir ziehen uns an und laufen im Regen los. Als erstes geht es Richtung Koblat. Unterwegs steigen wir über den Notausstieg des Klettersteiges hoch und erreichen nach nur kurzer Kraxelei den 2235 Meter hohen Westlicher Wengenkopf. Leider ist die Sicht gleich null. Man kann vielleicht 5 Meter weit sehen. Wir steigen wieder ab und laufen weiter. Es ist glatt und glitschig, wir kommen nur langsam voran. Der Regen lässt 71kaum nach. Unser Ziel ist der Große Daumen. Auf eine Pause auf dem 2280 Meter hohen Gipfel haben wir bei dem Wetter keine Lust, wir machen uns auf den Rückweg. Als wir wieder an der Hütte sind, ist es mittlerweile nach 17 Uhr. Wir ziehen uns um und gehen in die Stube. Zum ersten Mal auf dieser Tour trinken wir als erstes einen heißen Tee anstatt ein kühles Bier. Wir müssen uns aufwärmen. Es ist der letzte Abend vor der Rückreise, dementsprechend wird es auch lang und gemütlich. 



Tag 8
Edmund-Probst-Haus nach Oberstdorf8

Als wir heute wach werden, trauen wir unseren Augen kaum. Es ist tatsächlich Schnee gefallen. Wir frühstücken, verabschieden uns von den netten Hüttenleuten und laufen den direkten Weg nach Oberstdorf runter. Leider ist auch heute die Sicht kaum besser, wir laufen durch den Nebel. Und es regnet ununterbrochen. Eigentlich wollten wir noch das Städtchen erkunden, aufgrund des schlechten Wetters nehmen wir den erst besten Zug nach Ulm, wo wir dafür mit strahlendem Sonnenschein belohnt werden. Den nehmen wir zum Anlass, in die Stadt zu laufen. Die Ulmer Innenstadt hat einen gewissen Reiz mit ihrem riesigen Münster und den vielen kleinen und netten Lokalen drumherum. In einer dieser Gaststätten lassen wir uns nieder und essen noch zu Mittag, bevor es dann mit genügend kühlem Bier im Gepäck, mit dem ICE zurück in die Heimat geht. Um 22 Uhr kommen wir nach einer entspannten Zugfahrt zuhause an.